Sep 062013
 

Heute ist den Medien zu entnehmen, dass die amerikanische NSA in der Lage sei, auch verschlüsselte Mails deutscher Bürger mitzuschreiben, aufzuzeichnen und zu lesen. Dies ist vollkommener Quatsch und kann so nicht stehen gelassen werden. Sind Nachrichten Ende-zu-Ende verschlüsselt, können selbst Geheimdienste diese Mails nicht in großem Stil lesen. Um verschlüsselte Mails, die mit einem Public-Key-Verfahren verschlüsselt sind, zu lesen, muss entweder der private Schlüssel des Empfängers bekannt sein oder dieser Schlüssel muss vom „Hacker“ generiert werden. Aus dem öffentlichen Schlüssel eines Empfängers lässt sich der private Schlüssel nicht generieren: Die gängigen Verfahren sind sicher; darin sind sich die Mathematiker einig.

Zum Verfahren:
Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Nachrichten basiert auf einem sogenannten Public-Key-Verfahren. Mit einem sicheren mathematischen Verfahren werden zwei Schlüssel generiert, die einmalig zueinander passen. Die beiden Schlüssel nennt man Public-Key (öffentlicher Schlüssel) und Secret-Key (geheimer Schlüssel). Eine Nachricht, die mit dem Public-Key verschlüsselt wurde, lässt sich nur noch mit dem zugehörigen Secret-Key entschlüsseln. Es gibt keinen zweiten Secret-Key aus einem anderen Schlüsselpaar, dass diese Nachricht entschlüsseln könnte.
Möchte man eine Nachricht an einen Empfänger verschlüsseln, benötigt man also dessen öffentlichen Schlüssel. Der Empfänger kann den Public-Key jedem mitteilen, der ihm eine verschlüsselte Nachricht senden möchte. Niemand ist in der Lage, mit dem Public-Key eine Nachricht zu entschlüsseln. Der Public-Key dient nur der Verschlüsselung. Der Absender wird seine Nachricht nun mit dem öffentlichen Schlüssel des Empfängers verschlüsseln und ihm diese Nachricht (z.B. per eMail) senden. Die verschlüsselte Nachricht könnte man in eine Tageszeitung drucken – sie kann nicht gelesen werden. Der Empfänger der Nachricht kann die Nachricht nun mit der Hilfe seines geheimen Schlüssels entschlüsseln und hat die Nachricht dadurch wieder im Original vorliegen – genau so, wie sie vor der Verschlüsselung ausgesehen hat.

Das Verfahren ist sicher – wo ist der Haken?
Das eventuelle Problem beim Public-Key-Verfahren liegt nicht im Verfahren selbst – es liegt beim Benutzer, speziell beim Empfänger der Nachricht. Absender und Empfänger von verschlüsselten Nachrichten mit dem Public-Key-Verfahren können sich nur dann sicher sein, dass kein Dritter die Nachricht lesen kann wenn:

  • 1. Der geheime Schlüssel wirklich geheim und niemandem Dritten bekannt ist und
  • 2. Die Schlüssellänge groß genug ist

Um eine Nachricht zu entschlüsseln, muss der geheime Schlüssel bekannt sein. Kenn man den geheimen Schlüssel nicht, so kann man verschiedene Schlüssel ausprobieren. Erwischt man dabei zufällig den geheimen Schlüssel, so kann man die Nachricht entschlüsseln. Das Verfahren des „Ausprobierens“ nennt man Brute-Force-Attacke. Dabei füttert man einen Computer mit der verschlüsselten Nachricht und lässt den Computer versuchen, die Nachricht zu entschlüsseln. Dabei wendet der so programmierte Computer nacheinander alle möglichen Kombinationen von Zeichen als Secret-Key an und testet nach jedem Entschlüsselungsversuch den Erfolg. Lässt man den Computer lange genug probieren, wird er irgendwann den geheimen Schlüssel erwischen und kann die Nachricht entschlüsseln. Die Zeit, die er benötigt hängt maßgeblich von der der Geschwindigkeit des Computers (der Anzahl der Versuche pro Zeiteinheit) und der verwendeten Schlüssellänge ab. Verwendet man einen Schlüssel mit zwei Bit (was unsinnig ist und nur als Beispiel dient) gibt es genau vier (2²) mögliche Kombinationen. Nach spätestens vier Versuchen hätte unser „Hacker-Computer“ die Nachricht also entschlüsselt. Ist die Schlüssellänge drei Bit würde er maximal 8 (2³) Versuche benötigen. In der Regel verwendet man beim Public-Key-Verfahren eine Schlüssellänge von 2048 Bit. Dies bedeutet, dass der „Hacker-Computer“ bis zu 2 hoch 2048 Kombinationen (das ist ungefähr eine 3 mit 616 Nullen) ausprobieren muss – dafür benötigen auch die Supercomputer der Geheimdienste Jahre bis Jahrzehnte. Selbstverständlich ist es möglich, die Schlüssellänge auf 4096 oder 8192 oder beliebig viele Bits zu erhöhen Die Zeit, die dann die „Hacker-Computer“ benötigen würden, wachsen exponentiell mit der Schlüssellänge.

Natürlich wissen das auch die Geheimdienste und werden nicht erst versuchen, jede verschlüsselte Nachricht zu entschlüsseln. Es wäre chancenlos bei der Menge der Mails, die durch das Internet sausen.

Das andere Problem bei dem Verfahren ist, wie schon oben angemerkt, den geheimen Schlüssel wirklich geheim zu halten. Bei der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist das noch relativ leicht möglich. Man kopiert sich den Schlüssel auf einen USB-Stick, sichert ihn auf einen Zweiten, den man in einen Safe legt, und verwendet den Stick nur dann, wenn man gerade Nachrichten entschlüsseln möchte. Achtet man gut auf seine Schlüssel,, sind die Nachrichten auch gut vor den Geheimdiensten geschützt.

Anders ist das bei den großen eMail-Providern. Diese werben mit Verschlüsselung von eMail, können aber keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten. Die Verschlüsselung dieser Provider greift nur zwischen den Servern der Provider und die Schlüssel müssen zwingend mit auf den Servern liegen, da diese ja die verschlüsselten Mail automatisch wieder entschlüsseln müssen, um sie den Benutzern zu präsentieren. Selbstredend ist dies unsicher und hat den Namen „Verschlüsselte Nachrichten“ nicht verdient.